„Du weißt doch, wie sehr ich dich liebe, oder?“ Als mich Daniel letzte Woche Freitag mit diesen Worten anrief, reagierte ich erst etwas zögerlich, denn meistens bedeuten sie nichts Gutes. Mehr so: “ Du weißt, wie sehr ich dich liebe und, ach übrigens, ich komme heute erst nach Mitternacht nach Hause.“ oder „Du weißt, ich liebe dich so sehr, aber den Ausflug, den wir geplant hatten, können wir leider nicht machen, weil…“ Man müsste also auch mein Zögern diesmal verstehen. Der Nachsatz kam für mich aber recht überraschend. „Was haltest du davon, wenn wir unsere Asienreise vom Frühjahr vorverlegen und am Mittwoch los fahren?“ In meinem Kopf gefühlte tausend Dinge durchcheckend und mit einem schnellen Blick auf den Kalender (die Geburtstagsparty von Emmas Freundin ist am Dienstag Nachmittag) willigte ich ein. Für das Frühjahr geplant war Vietnam-Singapur-Bangkok. Über Singapur und Bangkok weiß ich schon, was es so grob zu wissen gibt, über Vietnam eigentlich nichts. Also beginnen meine Recherchen damit. Ich beginne online nach Blogs von Leuten zu suchen, die mit ihren Kindern in Vietnam waren. So viel kann ich euch verraten, die Anzahl ist eher überschaubar. Aber ich konnte einen Eintrag finden, der brauchbar war. Siehe da, da stand etwas von Visum. Aha, wir brauchen also ein Visum, mal sehen, was das Außenministerium dazu sagt. Auch hier, wir brauchen ein Visum, das muss mehrere Monate vor Reiseantritt beantragt werden. Auch die Seite der vietnameschischen Botschaft bestätigte mir diese Information. Somit endete meine Recherche und Ratlosigkeit stellte sich ein. Als Daniel Samstag Mittag nach Hause kam, konnte er ebenfalls keine andere Information bekommen. Vietnam fällt somit zur Reiseplanung weg. Was nun?
Die Alternativen sind bescheiden. In weiten Teilen Thailands und Malaysiens ist Regenzeit. Für Kambodscha und Myanmar bekommen wir so kurzfristig ebenfalls kein Visum mehr. Auch Indonesien fällt weg, dort regnet es derzeit. Die Philippinen, ebenfalls mal angedacht, haben Regenzeit, Australien ist zu weit weg, die Karibik hat eine zu lange Anreisezeit und ist zu teuer, für die meisten Teile Afrikas sind Impfungen notwendig die man in der kurzen Zeit nicht mehr hinbekommt. Irgendwie kamen wir dann auf Mauritius. Warum nicht Mauritius. Ah ja, Mauritius, niemand von uns war jemals dort und es soll sehr schön sein. Dann also Mauritius. Liegt nicht direkt neben Mauritius La Reunion? Da wollte ich immer schon mal hin. Daniel verschwindet mit dem Laptop im Schlafzimmer und sucht Flüge, Unterkünfte und sonstiges. Schreibt für alles Tabellen im Excel um die verschiedenen Reiseziele zu vergleichen. Ich erzähle in der Zwischenzeit den Kindern, wir fahren nach Afrika. Die Kinder freuen sich.
Die große Ernüchterung kommt mit den Tabellen. La Reunion fliegt hochkant raus. Schon alleine die Flüge dort hin kosten um 2.000€ mehr als bis nach Mauritius, was wir für 200km Strecke nicht gerechtfertigt finden. Auch Mauritius fliegt aus Kostengründen eigentlich raus. Die Diskussionen fangen an. Was machen wir denn jetzt? Nach Singapur fliegen, dann mit dem Taxibus nach Kuala Lumpur, weiter nach Hat Yai fliegen, nach Koh Taru Tao fahren und dann zurück Bangkok? Klingt eher unlustig. Während wir also diskutieren, wo wir hin wollen, sitzt Emma mit langem Gesicht neben uns am Sofa. Sie wollte doch nach Afrika. Wie immer, wenn sich Emma etwas wünscht, wurde Daniel weich und wir beschlossen doch nach Mauritius zu fliegen.
Ich durchforstete also die Kästen der Kinder. Wem passt noch was, was brauchen wir eigentlich? Emma hat keine kurzen Hosen mehr, die sind alle zu klein, aber die passen dafür Merlin und Merlins Hosen vom letzten Sommer passen Oskar. Also braucht nur Emma welche. Vier kurze Hosen sind zum Glück flott genäht, drei Sonnenhüte noch dazu. Sandalen hatte ich noch für jedes Kind passende, Oskar findet sie spitze und will sie nicht mehr ausziehen. Mittlerweile ist es Dienstag Mittag. Der Flug ist gebucht, er geht am Mittwoch am Abend. Schnell eine Liste schreiben, was noch besorgt werden muss. Es ist keine Zahnpaste mehr für die Kinder da und meine geht auch bald aus. Außerdem brauchen wir Windeleinlagen. Keine Ahnung, ob wir so etwas auf Mauritius bekommen werden. Ich zähle die Nächte ab und richte entsprechend Kleidung her. Für den Sommer zu packen ist viel angenehmer als für den Winter. Man bekommt so viel mehr in einen Koffer hinein. Alles Gewand der Kinder und von mit passt in einen halben Koffer hinein. Mittwoch Mittag und die Koffer sind gepackt. Der zweite Koffer wäre zu einem Dreiviertel leer gewesen. So geht das nicht. Ich packe also unnötige Sachen ein, wie Sandspielzeug, Strandtücher, extra Handtücher und Spielzeug, das sie Kinder so bringen (Emma hat jetzt ganze zwei Puppen mit voller Ausstattung dabei).
Bevor es in den Flieger geht, geht es am Abend noch zur Urli. Die hat heute Geburtstag und wird 90 Jahre alt. Das darf nicht so einfach ignoriert werden. Unerwarteterweise sind wir auch noch zu einem Abendessen gekommen. Vielen Dank! Dann ging es los. Meine Mama fuhr uns zum Flughafen, alle waren sehr aufgeregt. Lustigerweise ist es der selbe Flug, den wir nehmen wenn wir nach Bangkok fliegen. Die Emirates Maschine um 21:55 nach Dubai. Diesmal eine Boing 777. Die Stewardess beim Einchecken war sehr freundlich und hat uns eine Reihe mit vier und die danebenliegende mit drei Sitzplätzen reserviert. Wir hatten also viel Platz. Merlin war müde und schlief fast augenblicklich ein, aber Emma war schon wieder hungrig und wollte auf das Abendessen warten. Oskar war übermüdet und konnte nicht einschlafen. Er schrie daher wie verrückt, seine Flasche war auch schon leer. Das zusätzlich alle angegurtet bleiben mussten, ewig, und keine Stewardess kam, mache die Sache nicht gerade angenehmer. Die einzige Stewardess die kam, war die aus der ersten Klasse, die mir mitteilte, ich möge dafür sorge tragen, dass das Baby still ist, die Fluggäste der ersten Klasse fühlen sich durch das Geschreie gestört. Als fände ich das super lustig. Da ich nicht besonders schlagfertig bin, fielen mir die besten Antworten natürlich erst später ein. Aber offenbar war ich trotzdem unhöflich genug, dass sie sich nicht noch einmal kommen traute. Die nette Dame am Sitz hinter uns half uns dann aber auch mit etwas Wasser aus und somit konnte Oskar dann doch noch einschlafen (von den Passagieren in der zweiten Klasse schien übrigens niemand besonders gestört zu sein, vom schreibenden Baby, dass es niemanden freut ist eh klar). Zum Essen gab es irgendwas mit Huhn oder was mit Rind glaube ich, ich kann mich nicht mehr so recht erinnern. Der Flug war etwas holperig und es gab immer wieder einmal Turbulenzen. Die Kinder waren aber brav und haben die meiste Zeit geschlafen.
Die Zeit in Dubai haben wir fast wie immer verbracht. Warum nur fast? Merlin musste zur Toilette und aus irgendeinem Grund gab es ein Missverständnis mit Daniel und verpasst haben wir einander auch noch, so dass ich mit Emma und Oskar eine halbe Stunde vor der Toilette gewartet haben während Daniel mit Merlin eine halbe Stunde an einer anderen Stelle auf und ab liefen. Danach waren wir im Giraffen-Café am Terminal A und haben gefrühstückt (das machen wir seit unserer ersten gemeinsamen Reise über den Flughafen in Dubai so) und sind dann zu unserem Anschlussflug gegangen. Am Gate durften die Kinder noch ein bisschen mit ihren neuen Stickern spielen, was malen und etwas vorgelesen bekommen und wir füllten alle Flaschen auf, dann ging es auch schon an Bord des Airbus A380. Wieder auf getrennten Sitzplätzen. Aber entweder liegt es an der Ablenkung durch die Kinder oder ich bin durchs viele Fliegen abgehärtet, ich muss Daniels Hand nicht mehr zwangläufig halten um bei Start und Landung und leichten Turbulenzen keine Panikattacken mehr zu bekommen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Reise so kurzfristig war, dass ich nicht zwei Wochen lang vorher Zeit hatte, mich in meine Flugangst hinein zu steigern. Denn normalerweise beginnt es so zwei Wochen vor Abflug, dass ich abends nicht mehr schlafen kann, weil ich regelmäßig von der Flugangst Panikattacken bekomme. Warum wir trotzdem Fliegen? Keine Sorge, Daniel ist kein Unmensch und zwingt nicht mich dazu, ich mache es schon freiwillig. Ich sehe mir einfach gerne alles an. Und ab und zu einmal muss man dafür halt auch in einen Flieger steigen.
Der zweite Flug ist wie immer der anstrengende. Die Kinder sind wach und sie wollen nicht sitzen. Der Mittagsschlaf fiel leider sehr kurz aus und gegessen wurde auch eher weniger. Oskar will nicht still sitzen, er will laufen, oder klettern oder sonst was. Wenn Oskar nicht sitzen muss, dann will Merlin auch nicht sitzen sondern lieber laufen und kreischen. Bei letzterem half zumindest die Filmauswahl etwas und ein bisschen konnten wir auch Buch lesen und Rätsel lösen. Der Flug fühlte sich leider nicht enden wollend lange an. Irgendwann war er dann zum Glück doch vorbei, okay, ich gebe zu, ich bin auch eine knappe Stunde weg gedöst, und wir sind auf Mauritius gelandet.
Bis wir unser Einreise-Zettel fertig hatten – man füllt dafür im Flieger zwei Zettel aus (also in meinem Fall Zehn, dauert auch eine gute halbe Stunde) – unser Gepäck entgegen nahmen und durch die Einreisekontrolle durften, war es eigentlich schon beinahe finster draußen. Daniel hatte klugerweise im vorhinein ein Taxi organisiert, dass uns zum Hotel bringen sollte. Die Fahrt soll eine Stunde dauern. Drei Mal raten, was Oskar nicht will. Richtig, nach so einem langen Flug Auto fahren. Natürlich war die Flasche wieder leer und Oskar schrie. Da wir noch kein Bargeld hatten, kaufte uns der Taxifahrer eine Flasche Wasser und einen Pfirsichsaft. Endlich Ruhe. Die Stunde Autofahrt waren eigentlich fast zwei. Die Kinder schliefen und auch Daniel war immer wieder mal weg genickt. Mir fielen eigentlich die Augen zu, aber irgendjemand muss ja die Stellung halten. Wir waren dann noch beim Bankomat und im Supermarkt um das nötigste zu kaufen, dann kamen wir in unserer Unterkunft an.
Aadi Villa heißt sie und liegt im Nordwesten der Insel. Wir haben ein großes Apartment mit drei Schlafzimmern, zwei Badezimmern und einem großen Wohn/Kochbereich. Außerdem eine riesige Dachterrasse mit Meerblick und eine Waschmaschine (die wird bestimmt noch nützlich sein). Der Vermieter ist sehr nett, aber auch sehr redselig. Nach einer Reise von so vielen Stunden einfach zu viel. Da will man nur die Schlüssel haben und ins Bett gehen und nicht über jeden Winkel der Wohnung genauestens Informiert zu werden.
Als unsere Einschulung fertig war, waren die Kinder natürlich munter und somit konnten wir auch anfangen die Koffer zu leeren. Emma und Merlin haben ein eigenes Zimmer und vor allem Emma ist damit sehr glücklich, da sie sich schon lange ein eigenes Zimmer wünscht. Natürlich haben wir es auch gleich schön eingerichtet.
Nach einem kleinen Abendessen ging es dann aber doch ins Bett. Immerhin waren alle müde und froh sich endlich stecken zu können.
Wer bis hier hin gekommen ist, der hat sich wirklich einen Orden verdient. ich schwöre, der nächste Bericht ist nicht so lange und ich verspreche euch, es gibt viele Bilder vom Meer.